Ich bin blond. Schon von Geburt an. Ich bin sogar Hellblond und hatte einer der hellsten Blond-Töne an meiner Schule. Als Kind denkt man sich nichts dabei: Ich hab blonde Haare, du da drüben hast brünette Haare und sie da hinten hat halt tief schwarze Haare, ja und? Das Bewusstsein für meine blonden Haare bekam ich in der sechsten Klasse; schlagartig. Es war ein heißer Sommer und ich hab mir gedacht, es wäre mal wieder an der Zeit die Haare schneiden zu lassen. Gesagt getan. “Schön kurz bitte”, denn ich mag gerade im Sommer kurze Haare. Wenn der Wind durch die kurzen Stoppeln fegt und die Kopfhaut berührt, fühlt sich das einfach Klasse an. Nicht weiter darüber nachdenkend bin ich am nächsten Tag in die Klasse meiner Schule gekommen. Noch auf dem Weg zu meinem Platz fing ein Mitschüler an zu schreien und zu brüllen; er zeigte dabei mit dem Finger auf mich: “Nazis raus! Nazis raus! Nazis raus!” Immer wieder. Er konnte nicht mehr aufhören. “Nazis raus! Nazis raus! Nazis raus! Nazis raus!”. Ich merkte wie ich vor Scham rot anlief und zu schwitzen begann. Dann kam Gott sei Dank schon der Lehrer und der Klassen”kamerad” musste aufhören zu schreien. Der Lehrer hat das schon mitbekommen und meinte auf dem Weg zum Pult nur “ganz schön kurz geworden.”.
Im Nationalsozialismus wurden die Arier als “Herrenrasse” gedeutet, deren Mission es sei alle Nichtarier zu unterwerfen oder gar auszulöschen. Menschen mit blauen Augen und blonden Haaren wurden als bester Typ der arischen Rasse betrachtet. Juden, Sinti und Roma sowie Slawen wurden zu “Untermenschen” verteufelt; sie wurden verfolgt und ermordet. Menschen, die dem entgehen wollten, mussten einen sogenannten Ariernachweis erbringen, welchen merkwürdiger Weise auch nicht blonde, blauäugige Menschen bekamen. Zur Reinhaltung dieser Rasse wurde auch die Ermordung und Zwangssterilisation geistig behinderter oder auch unerwünschter Menschen betrieben. Diese Dinge sind hinreichend bekannt und können in jedem Geschichtsbuch nachgelesen werden. Beim Schreiben und Lesen von diesem Absatz bekomme ich das Kotzen.
Nur leider kann ich hier nicht stoppen, diesen geistigen Dünnschiss zu schreiben: Ich hab blonde Haare, blaue Augen und bin 1,90 m groß. Ich bin also, der Rassenideologie der Nazis folgend, ein Arier; zumindest auf den ersten Blick. Die heutigen Neonazis in Deutschland tragen überwiegend kurze bis sehr kurze Haare und werden auch häufig im Volksmund als Glatzen oder Glatzköpfe bezeichnet.
In der Folge von dem Schreien des Mitschülers, habe ich bis heute darauf geachtet, immer eine ausreichend lange Haarpracht zu zeigen. Nie wieder sollte man durch die blonden Haare hindurch die Kopfhaut sehen und nur auf den bloßen Gedanken kommen können, dass ich ein Nazi sein könnte. Ich will einfach nicht für einen solchen Schwachkopf gehalten werden. Die türkischen Mitschüler habe ich in der Folge immer ein wenig beneidet, denn diese konnten problemlos eine 3 mm Kurzhaarfrisur tragen. So witzig es auf den ersten Blick klingt: hier in Deutschland fühle ich mich durchaus diskriminiert, denn als dunkelhaariger Ausländer kann man wirklich kurze Haare tragen; als hellblonder Mensch in Deutschland sollte man es vermeiden. Auch habe ich es satt mehrmal im Jahr hier in Deutschland das Wort “Arier” an den Kopf geknallt zu bekommen. Gerade als blonder Mensch fühle ich mich hier besonders diskriminiert. Ich möchte einfach nicht als Arier und schon gar nicht als (Neo)Nazi bezeichnet werden, nur wegen meiner Haarfarbe und der Frisur.
Man könnte dies natürlich auch so sehen: Dadurch, dass es viel zu wenige Menschen in Deutschland gibt, die eine Glatze tragen, öffnet man den Neonazis ein Forum ihre Weltanschauung schon durch eine Frisur zeigen zu können. Wäre es nicht angebracht jetzt erst Recht eine Glatze zu tragen, um den Neonazis ihre Identifikation zu rauben?
An jenem Tag, als der Mitschüler mit dem Finger auf mich zeigte, waren die Haare immerhin noch 15 mm lang – also weit entfernt von einer 3 mm Kurzhaar Glatze eines Neonazis. Weil ich so hellblond bin, sieht man dann bei mir schon die Kopfhaut, dunkelhaarige Menschen können eine wesentlich kürzere Haarlänge tragen, weil das Licht nicht so leicht durch kommt.
Als Ausländer in Taiwan fühlte ich mich zum ersten mal richtig frei: 10 000 Km weit von allen bekloppten Neonazis entfernt interessiert meine Haarlänge einfach nicht mehr. Ich hatte zwar keine 3 mm kurzen Haare, aber es war beruhigend zu Wissen, dass ich mit meinen Haaren tun und lassen konnte, was immer ich wollen würde. Als Ausländer in einem fremden Land eine Rassistische Weltanschauung zu haben und sich als Arier bzw. Menschen der Oberklasse zu sehen, würde mich vor Ort auch nicht wirklich weiter bringen; abgesehen davon, dass ich Rassisten und Nazis als bemitleidenswerte Menschen erachte, da sie noch nie erlebt haben, dass man von anderen Menschen, gleich welcher Kultur bzw. erst Recht von anderen Kulturen, nur lernen kann.
Mein Ariernachweis
Zum Abschluss gibt es hier nun meinen Arriernachweis, einfach um zu zeigen, was ich von dieser Weltanschauung halte; nämlich nichts!
Ich bin nicht nur blond und habe einen deutschen Pass. Mein Vater kommt aus Neuseeland und meine Mutter ist Deutsche. Alleine deshalb kann ich schon kein Arier sein, denn mir fehlt zu 50% das urdeutsche Blut! Mein Vater lebt als Ausländer in Deutschland und das seit mehr als 30 Jahren. Ich selbst bin wenigstens ein halber Ausländer, auch wenn ich keinen Neuseeländischen Pass besitze. Letzteren habe ich aus zwei Gründen nicht: zum einen erlaubt die Bundesrepublik deutschland nur einen Pass (also entweder einen Deutschen oder einen Neuseeländischen) und zum Anderen bekomme ich von Neuseeländischer Seite keinen Pass, da mein Vater auf Samoa geboren worden ist und somit Neuseeländer zweiten Grades ist (Neuseeländer ersten Grades wurden innerhalb Neuseelands geboren). Nun hat mein Vater als Neuseeländer zweiten Grades Kinder mit einer Deutschen Frau bekommen und folglich bekommen nun seine Kinder keinen neuseeländischen Pass, da sie nun ebenfalls nicht in Neuseeland geboren worden sind. Die Herkunft wird also in Neuseeland krasser unterschieden als in Deutschland; ich würde sogar sagen, dass die Gesetzeslage auf Neuseeländischer Seite nur aufgrund rassistischer Züge existiert. Samoa war nämlich eine Kolonie von Neuseeland und dort wohnen schwarze Menschen. Durch dieses Gesetz wird wirksam verhindert, dass die schwarzen Menschen von Samoa einen neuseeländischen Pass bekommen können. Auf diese Weise wird Neuseeland von weißen Menschen, also von der (aus neuseeländischer Sicht) reinen Rasse bevölkert. Dass ich diese Sichtweise schlicht zum Kotzen finde, versteht sich von selbst. Neuseeland hat daher aus meiner Sicht in der Tat rassistische und diskriminierende Züge. Übrigens: Meine Vorfahren, die seinerzeit nach Neuseeland ausgewandert sind, waren Iren. Ich kann definitiv kein Arier sein. Und selbst wenn ich einer wäre, wäre ich noch lange kein Übermensch, kein Nazi und wäre auch dann nur ein normaler Mensch und einfach ein netter Kerl. 
Fuck the Nazi-Germans und tragt mal mehr Glatzen um denen das Forum/Erkennungsmerkmal zu nehmen und um auch blonden Menschen die Wahl ihrer Frisur zu lassen!
